Ein Schiffsarbeiter kommt und verlangt unsere Pässe; ich gebe ihm das Papier, das nun auf der Reise meinen Pass ersetzt. Damit du keine Schwierigkeiten beim Reisen hast, hat der Polizist gesagt und ich war beeindruckt von so viel Freundlichkeit. Der Schiffsarbeiter guckt mein Papier an, schüttelt den Kopf und lächelt entschuldigend. Das ist nicht gültig.
Wie, sage ich, ein bisschen am Rande des Abgrunds, ein bisschen scherzend, ein bisschen verzweifelt, ich hab drei Stunden auf dieses Papier gewartet und jetzt sagen Sie, dass das nicht geht?
Er lacht. Spass. Erleichtert wenden wir uns wieder dem See zu, dem groessten See Zentralamerikas. In massigem Tempo fahren wir an den Inseln von Solentiname vorbei; hier wohnt Ernesto Cardenal und wir fragen uns, ob man ihn einfach so sehen kann, oder ob er sich gut versteckt hält. Diese Frage wird uns Izrael, ein spanischer Aussteiger, am nächsten Tag beantworten.
Bis dahin vergeht noch viel Zeit und viel Wasser fließt an uns vorbei. Wir schlafen ein bisschen, knabbern unsere Kekse, hören Musik, lesen und sind ganz beeindruckt von dem, was wir innerhalb weniger Tage an natürlicher Schönheit zu Gesicht bekommen.
Gegen halb sechs erreichen wir den ersten Zwischenstopp unserer Reise: San Miguelito, ein kleines Fischerdorf, das jedoch ganz bezaubernd liegt. Eine Menschentraube hat sich an der Mole gebildet, ein paar steigen ein, ein paar steigen aus, ein paar gucken einfach nur, während Waren eingeladen werden und die Dorfjugend vom Kay in den See springt.
Als Hilario Sanchez Murito erreicht, sind auch wir nass, da helfen auch die zwei Hosen, vier T-Shirts und Jacken nichts, die wir uns mittlerweile angezogen haben; um die Schultern und um die Hüften sollen uns Handtücher vor der Nässe schützen, doch es bringt nichts; hinzu kommt die Kälte und in diesem Moment wünschen wir uns sehnlichst die Mittagshitze einer Polizeistation in San Carlos wieder herbei. Doch es ist nicht alles aussichtslos und in diesem Moment übergibt mir der Schiffsarbeiter meinen Mp3-Player. Er tut ein bisschen geheimnisvoll, dann lächelt er, wie man vielleicht ein Geschenk an Weihnachten vergibt. Das Ergebnis ist ungefähr das gleiche: ich bin zufrieden, glücklich und verkable mich mit guter Musik.
Gegen neun legen wir ab und nun folgt der wohl schlimmste Teil der Fahrt, denn dick eingemummelt wie wir sind, müssen wir nun eine Schlafposition finden, die uns vorm Regen schützt und die gleichzeitig bequem ist. Irgendwie ziehen wir die Beine an und schlafen im Stundentakt ein und wachen im Stundentakt auch wieder auf. Es ist sicherlich bei Weitem kein Zuckerschlecken, aber Luisa und ich reden uns ein, dass wir auf Deck verharren müssen, weil Deutschland dann am nächsten Tag gegen Spanien gewinnt. Nun ja.
Kurz nach Mitternacht erreichen wir Altagracia auf der Isla de Ometepe; viele der Passagiere steigen aus und auch das Umladen geht schneller als bei den beiden vorigen Stops. Jetzt sind es noch etwa vier Stunden bis Granada und wir atmen durch. Es ist fast geschafft, - und auch wenn es keine Kreuzfahrt ist, sind wir jeden Moment davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, das Boot auf dem Rückweg zu nehmen. Denn auch, wenn es im Bus warm ist und man gut sitzt, kann man nicht so herum laufen wie hier auf Deck.
Um halb zwei kommt der Mond heraus und erhellt den See; es ist nicht viel, was wir sehen. Tatsächlich hatten wir gedacht, dass wir mehr sehen könnten, - und doch ist es schön und so schlafen wir für den letzten Teil der Fahrt beinahe ohne Unterbrechung. Um fünf Uhr morgens dann endlich erreichen wir Granada; es wird hell auf dem See, riesige Wolkenberge liegen hinter uns und umraunen auch den Gipfel des Mombacho.
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