Donnerstag, 8. Juli 2010

Reserva Biologica Indio Maiz: Matsch, Affen und Kokosnuesse

Um sechs Uhr morgens brechen wir mit einem Guide und einem Bootsfahrer auf zur Reserva Bilogica Indio-Maiz. Es ist ein Naturreservat, das sich von El Castillo bis zur Karibikmündung des Rio San Juans erstreckt und mehr Pflanzen und Tiere beherbergt als der gesamte europäische Kontinent. Das Reservat ist auch ein weiterer Grund, weshalb es nie einen Nicaragua-Kanal geben wird, denn obgleich der Rio San Juan gross und breit genug für einen derartigen Schiffsverkehr ist, so würde selbst ein großer Frachter das natürliche Leben im Reservat eingrenzen.
Als wir die Stromschnellen El Castillos passieren, sehen wir Shamus und Wayne auf der Veranda des Hotels stehen und hören, wie Shamus uns ein lautes KUSCHLA über den Fluss ruft.

Etwa eine Stunde brauchen wir, um zum Eingang der Reserva Bilogica zu gelangen. An einer Stelle fährt unser Boot an das rechte Ufer heran und wir sehen eine nicaraguanische Flagge. Hier ist die Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua. Ein Teil des rechten Flussufers gehört zu Costa Rica, doch der Fluss ist nicaraguanisch, sagt unser Guia und man kann seinen Stolz hören. Es ist merkwürdig, denn diese Grenze ist leicht zu passieren, und wenn ich an den Grenzübergang Peñas Blancas denke, dann scheint es ganz widersprüchlich, dass man hier vollkommen unbeschwert das Land wechseln könnte. Wir fragen unseren Guia und er erklärt, dass die Nicaraguaner, die am Fluss leben, auch kein Problem haben würden, wenn sie mal kurz in Costa Rica vorbeischauten. Wir hingegen, als Ausländer, würden in einem solchen Falle ganz anders behandelt werden. Wie Recht er hat, - doch das bemerken wir erst am folgenden Tag.
Wir fahren in einen Seitenarm des Flusses und gelangen an einen einfachen Steg. Dort verlassen wir das Boot und betreten die Reserva. Was nun folgt, sind drei Stunden Djungel; wie gut, dass wir unsere Gummistiefel haben, denn sie bewaehren sich bereits innerhalb der ersten fuenf Minuten; immer wieder muessen wir durch den Matsch, aber es macht Spass. Selten koennen wir wirklich freien Himmel sehen, dafuer sehen wir 50 Meter hohe Baeume, einen Affen, einen giftigen Frosch und viele lustige Pflanzen. Unser Guia bemueht sich sehr, doch es scheint, dass heute alle Tiere nach El Castillo gefahren sind, denn hier ist es zwar ruhig und schoen, doch wir sehen weniger Tiere als auf dem europaeischen Kontinent. Aber die Reserva ist gross und wir quengeln nicht; die 15 Dollar, die uns der Trip kostet, sind gut angelegt, denn als wir schliesslich den Wald verlassen, empfaengt uns unser Bootsmann mit Kokosnuessen und Bananen. Den Rest der Zeit verbringen wir in einem Nebenfluss und baden, waehrend kleine Fische nur wenige Meter von uns aus dem Wasser springen.
Als wir gegen halb zwoelf El Castillo erreichen, sind wir hundemuede und wollen eine Dusche. Doch noch immer gibt es kein Wasser und auch keinen Strom und so sehen wir uns gezwungen, die letzten Stunden mit Lesen oder Essen auf unserer Veranda zu verbringen. Auch keine schlechte Wahl.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.