Montag, 11. Januar 2010

Das Hasch-Hostel

Am Samstag brechen wir gegen neun Uhr auf und suchen uns einen Bus nach Sixaola, an die costaricanisch-panamanesische Grenze; Tobi bringt uns zum Bus und gemeinsam mit Lukas fruehstuecken wir - wie es sich fuer echte Frewillige und Weltretter gehoert - bei McDonalds. Denn das gibt es nicht in Nicaragua und irgendwie wollen wir etwas verruecktes tun.
Verrueckt ist auch das Angebot, das uns McDonalds da bietet: es gibt den MCPinto. Das ist eigentlich nur Gallo Pinto, aber weil es McDonalds dir serviert, heisst es MC Pinto und ist natuerlich etwas ganz besonderes.
Lukas muss wohl ein wenig an unserem gesunden Menschenverstand gezweifelt haben, denn etwas widerwillig laesst er sich auf die Idee ein und sitzt wenig spaeter mit einem McEgg an unserem Tisch.
Schliesslich bringt er uns in ein sicheres Taxi - in San Jose sind alle Taxis sicher, denn sie sind rot und haben ein gelbes Viereck auf der Tuer, wenn sie staatlich und sicher sind. Zudem haben sie ein Taxometer und hier wird man somit nicht betuppt.
Man koennte also denken, dass alles glatt laeuft, aber ganz so viel Glueck haben wir dann doch nicht; denn der Bus nach Sixaola ist voll, um zehn Uhr ist er voll, um zwoelf Uhr ist er voll und um zwei Uhr gibt es Stehplaetze. Wir sind ein bisschen knautschig und schliesslich entscheiden wir uns fuer Puerto Viejo. Wir haben keine Ahnung, wo genau das liegt, aber der costaricanische Kartenmann versichert uns, dass es ganz nah ist und dass es eigentlich keinen Unterschied macht, ob wir nach Sixaola fahren oder nach Puerto Viejo.
Um zwoelf Uhr geht es also fuer uns los, wir sitzen ganz vorne im Bus und durchfahren die Regenwand, die sich gerade ueber San Jose gelegt hat, Regenwald zieht an uns vorbei und wir sind mittendrin. Es ist eine schoene, ruhige Fahrt, wir schlafen, hoeren Musik, planen unsere Weiterfahrt.
Gegen drei lichtet sich die Wolkendecke ueber uns, wir sind in der Karibik, ein weiteres Mal, fahren am Meer entlang, gelangen in eine wunderschoene Gegend, die sich Limon nennt und genau so gruen ist.
Um fuenf spuckt uns der Bus in Puerto Viejo aus; der Sand ist schwarz, die Palmen gruen und das Licht ist golden. Es ist schoener, als wir dachten.

Die Suche nach einem Hotel gestaltet sich jedoch als deutlich schwieriger und wir tapern durch den Matsch und die Hinterstrassen Puerto Viejos. Unsere Rucksaecke sind schwer und unsere Laune ist auch nicht auf dem Hoehepunkt, denn die Hoffnung, heute noch ueber die Grenze zu kommen, hat sich zerschlagen; dort macht man um fuenf Uhr zu, und um 12:00 Uhr nimmt man sich eine Stunde Zeit zum Mittagessen. So steht es am Grenzuebergang, aber das sehen wir erst am naechsten Tag.
Fuer den Abend stromern wir weiter suchend durch Puerto Viejo und schliesslich finden wir ein Hotel, das noch Platz fuer uns hat; es ist ein grosses, offenes Holzhaus, das eigentlich sehr stilvoll eingerichtet ist, waere da nicht diese Wolke, dieser untruegliche Dunst, der nach, ja, nach Marihuana riecht. Zunaechst glauben wir unserer Nase kaum, doch als wir in die Augen unserer Vermieterin blicken, wissen wir, dass wir uns nicht getaeuscht haben. Im Anschluss sehen wir uns einmal die uebrigen Hotelgaeste an, und stelle fest, dass sie alle merkwuerdig grosse Augen, ein weltenfremdes Laecheln im Gesicht und wirre Frisuren haben.
Unser Zimmer ist aber in Ordnung, es ist ein kleiner Bungalow, Hochbetten, aber das ist uns egal, denn bevor wir ueberhaupt noch die Zeit haben, ueber das, was wir an diesem Tage gesehen haben, nachzudenken, fallen wir muede von der Reise, vom Haschgeruch und von den Cocktails, die wir uns noch gegoennt haben, in unsere
Haschbetten.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.