Dienstag, 18. Mai 2010

Eine Bitte aus Matagalpa

Als ich am Freitag in die Schule komme, überreicht mir Judith einen Brief, den ich mit ihr selbst verfasst und gedruckt habe (und wie immer war das Drucken das Schwierigste). Es ist eine Bitte, die sowohl an die Asociacion Wuppertal-Matagalpa, wie an den Bürgermeister Matagalpas so wie an mich geht, - denn die Schule benötigt neue Musikinstrumente für den Dia de la Independencia am 15. September.

Diesen Tag habe ich selbst im vergangenen Herbst (hier müsste man sagen Sommer) erlebt und ich habe gesehen, was für eine Bedeutung dieser Tag für ganz Nicaragua hat.
Nun ist es so, dass die Musikinstrumente und auch die Trachten der Escuela nicht mehr benutzt werden können, - und so stehen Norma und Judith vor einem Problem.
Um 44 neue Instrumente anzuschaffen, benötigt man 250 Dollar; eine Summe, für die deutsche Musikschulen nicht einmal ein Instrument kaufen können.

Ein wenig unwohl fühle ich mich schon bei dem Gedanken, dass sich die beiden nun auch von mir finanzielle Unterstützung erhoffen, - denn ich bin eine Freiwillige, kein Konzernchef, niemand, der lockeres Geld los treten kann; sicher habe ich als Vorbereitung einen Unterstützerkreis aufgebaut, aber schon da ist es mir aufgefallen, wie unangenehm es sich anfühlt, nach Geld zu fragen. Und doch liegt es mir am Herzen, der Schule zu helfen, weil ich die Leute dort kenne, genau so die Kinder, und ich weiß genau so, wie sie gucken werden, wenn sie als einzige Schule (als bereits eine der ärmsten Schulen der Stadt) am Tag der Unabhängigkeit nicht mit ihrem Land feiern können.

Ich erwarte nicht, dass ich morgen lauter Mails mit Geldspenden im Postfach habe; aber wenn einer von euch beim Lesen dieses Einrages auf eine Idee gekommen ist, so lasst es mich bitte wissen.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.