Sonntag, 9. August 2009

Der Supertisch geht in die zweite Runde

Schon wieder eine Woche herum, in der vor allem meine Geduld getestet wurde. Was wir in dieser Woche alles erlebt haben, ist auf den ersten Blick so viel, dass es gar nicht in eine Woche kann. Hinzu kommt die Tatsache, dass wir uns gar nicht an alles eirnnern können, was wirklich passiert ist.
Fakt ist, dass es für mich morgen endlich ins Projekt geht. Ich blicke etwas skeptisch auf die Arbeit in der Schule, weil ich noch nicht genau weiß, wie viel bzw. was mir zur Verfügung steht.

Lina und Vivi haben das Wochenende genutzt, um nach dem Sprachkurs gemeinsam nach Leon zu fahren, an den Strand, wo sie sich jetzt in der Sonne räkeln. Tim und ich haben beschlossen,
dass wir noch nicht urlaubsreif sind und haben deshalb das Wochenende mit dem Bauen und Anfertigen weiterer Möbelstücke verbracht. Zur Feier des Tages haben wir uns anschließend noch eine Pizza gegönnt und waren so müde, dass wir um halb neun schon fest am Schlafen waren.

Insofern ist das Leben in Nicaragua nicht sonderlich schlecht: und es wird sogar mit jedem Tag besser, denn unser Spanisch wächst von Tag zu Tag und mittlerweile haben wir uns auch einen kleinen Freundeskreis aufgebaut (zu dem auch unser Holzhändler gehört, der, wie alle Nicaraguaner klein und kräftig, sogar vier Jahre in North Carolina gelebt hat. Als wir ihn auf Weihnachten im Schnee ansprachen, wirkte er recht ehrfürchtig, allerdings meinte er, dass das tropische Klima ihm dort oben gefeht habe.).

In unseren Maestras in der Sprachschule Matagalpa Tours haben wir nicht nur unglaublich freundliche und hilfsbereite Lehrerinnen, sondern auch zwie Freundinnen gefunden:

Mit Sindhi und Diana werden wir kommenden Freitag gemeinsam kochen. Denn zu diesem Zeitpunkt wird auch unsere Superküchenzeile fertig sein, die an diesem Wochenende nahe der Perfektion steht: Denn wir haben doch tatsächlich noch Regalböden eingelegt und streichen heute den Rest in einem schönen Weiß an. (Die Verständigung mit den kleinen Männern in dem Fachhandel war abenteuerlich und wahrscheinlich lachen sie heute noch über uns, unsere verdutzten Gesichter, die peinlichen - nichts erklärenden - Zeichnungen von dem, was wir haben wollten und die Geräusche und Laute, die wir dabei von uns gaben und die bei näherem Hinhören mehr mit Fatzisch und Kundisch zu tun hatten als mit lupenreinem Spanisch.

Nun ja, wir haben bekommen, was wir wollten, und mussten dabei noch nicht einmal herumquengeln wie kleine Kinder. Dafür sind wir gerade so gut wie Pleite, werden allerdings mit jedem Schritt und jedem Blick, den wir in unsere Küche lenken, belohnt, denn das Ergebnis ist wirklich zufrieden stellend.
Im Laufe der Woche wird noch ein kleiner Tisch in mein Zimmer wandern, gemeinsam mit einer durchaus bequemen Sitzhängematte, in der man die Seele baumeln lassen kann.

Was unsere Vermieterin dazu sagen wird, wissen wir nicht. Genau so wenig sollte sie besser nicht erfahren, dass wir letzte Woche nicht mehr in unser Haus kamen, weil das Schloss klemmte. Es dauerte nicht lange, bis ein hilfsbereiter Nachbar mit einem Hammer vorbei kam und mit wenigen, dafür geübten Schlägen das Schloss aus den Angeln hob. Jetzt kennt uns mit Sicherheit die gesamte Nachbarschaft.

1 Kommentar:

  1. der kleine tisch ist total schön! sie gucken in die falsche richtung: bei ikea gibt es so was nicht, aber die wirklich angesagten marken würden für so was sehr viel geld nehmen.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.