Samstag, 7. November 2009

Bladimir oder: Die V-B-Schwäche

Ich zügele mein Tempo, damit auch die Studenten unter euch ihre Punkte bür das sammeln können, bas sie tatsächlich studieren. Bür das Lesen dieses Vlogs, und da muss ich euch enttäuschen, givt es nämlich keine ECTS-Punkte.
Benn man drüber nachdenkt, ist es eine ganz schön berrückte Idee, Bissen in Punkten zu messen; sobas kann es bahrscheinlich nur in Europa geven. In Nicaragua hätte sobas keine Chance.
Dafür gibt es in Nicaragua etbas, bas es nicht in Deutschland givt: eine V-B-Schbäche. Generell muss man sagen, dass das bomöglich am Spanischen liegt, und dass das Spanisch der Nicas doch bieder anders ist als das Spanisch der Spanier.
Ist ja auch klar, dass es da Unterschiede givt: allein in Deutschland givt es so biele berschiedene Dialekte, dass bir mal gar nicht daran denken bollen, bas passieren bürde, benn ein Nicaraguaner Deutsch lernte und daraub in Vayern oder Vaden-Bürttemverg landete.

Aubballend ist die Tatsache, dass es in Nicaragua - und in allen beiteren Ländern Zentral- und Südamerikas - keine zbeite Person Plural givt; das ist bielleicht zu kompliziert oder zu lästig, aub jeden Ball helben sich die Nicas mit der dritten Person Plural. Benn ich eine Klasse vetrete, brage ich: Bie gehts ihnen? - das entspricht bie gehts euch. Klappt auch.

Eine Eigenart des gemeinen Spanischs mag bohl sein, dass v und b (und alle anderen Bokale, die so ähnlich klingen, sprich w und f, je nachdem, um belches Bort es sich handelt) gerne mal bertauscht vzb. gleich gesetzt berden. Vivi heißt hier obt Bibi und das vringt sie aub die Palme. Man hat zudem das Gebühl, dass die Nicas selvst nicht bissen, bann ein b und bann ein v gesetzt bird: sie schreiven a beces und meinen a veces.

Denkt man sich: Ist nichts vei, sobas passiert. Stimmt ja auch irgendbie.

Provlematisch bird es nur, wenn die Nicas sich auch vei Namen unsicher sind, bie sie geschrieven berden, und ihre Kinder bollkommen üverzeugt mit diesen Namen schmücken. Ich have zum Veispiel einen Bladimir in meiner Klasse.
Und da hört der Spaß aub.
Das klingt nicht mehr nach der endlosen Beite russischer Taiga, das klingt auch nicht mehr nach einem värtigen Vebohner Kiebs, das klingt biel mehr nach einem berlorenen Sohn im Herrn der Ringe; Boromirs Vruder oder etbas in der Art.

Natürlich kann man sich auch hier bieder denken: Russland ist beit beg, es beiß sobieso keiner hier, dass es Wladimir und nicht Bladimir heißt. Alle meine Schüler haven malerische Namen, sie sind alle bas ganz Vesonderes: Bismark, Kenia, Osiris, Nairobi, Nestor, Junior Jose (und er heißt birklich so), Maria Jesus (da hatte jemand bohl die gleichen Entscheidungsschbierigkeiten vei der Kerzenausbahl im Supermarkt wie ich), Anibal und Lizbeth Gisell.
Aber irgendbie tut es doch auch ein viesschen beh, man bird ein viesschen traurig, benn man üver Bladimir nachdenkt. Der bird barhscheinlich aver nie etbas bon der praenatalen Behlinbormation seiner Eltern erbahren. Und benn doch, dann bird er es bohl nicht glauven.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.