Dienstag, 29. Dezember 2009
Ein Affe und ein Hai
An einem weiteren Tag kam der Holländer vorbei, um uns zum Snorkelling einzuladen - und schließlich sagten wir nicht nein. Zu fünft - Linas Eltern, Lukas, Tobi und ich - fuhren wir raus aufs Meer, um uns schließlich in die karibische See zu stürzen.
Wir sahen alle ziemlich lustig aus mit unseren Taucherflossen und den Brillen und dem Schnorchel. Das, was wir jedoch unter Wasser sahen, war wirklich atemberaubend: viele kleine Fische, Korallen, ein paar große Fische und ja, Haie. Ich hoffe, dass meine Oma diesen Artikel nicht liest, denn wenn ja, wird sie jetzt einen Herzinfarkt bekommen.
Und ich würde es ja gerne für mich behalten - einfach, weil es besser klingt und weil dann alle denken ooh -,aber gut, die Haie, die wir sahen und die vielleicht nur zwei Meter von uns entfernt seelenruhig an uns vorbei schwammen, waren Ammenhaie und die beißen nicht. Wenn man unserem holländischen Guide glauben darf, dann sind diese Ammenhaie eher eine Scholle mit Rückenflosse. Sie liegen nämlich am liebsten den ganzen Tag am Meeresgrund und dösen.
Um uns das zu beweisen, taucht Ryk - so heißt unser Guide - einfach mal zum Hai und zieht ihn am Schwanz. Da wird er ein bisschen ungemütlich und gründelt wo anders hin.
Insgesamt schwimmen wir an drei verschiedenen Stationen, sehen ein wunderschönes Riff, planschen mit Trompeten- und Kugelfischen, schwimmen direkt über Korallen und ich sage euch: es lohnt sich auch für Kurzsichtige. Denn auch ohne Brille habe ich erkannt, wo ich war und was zu sehen war. Tolle Sache.
Als wir schließlich zurück kommen, sind wir vollkommen geschafft und reden die ganze Zeit übers Essen, was den Hunger auch nicht kleiner werden lässt. Am Abend gehen wir gemeinsam zu Rosa's Restaurant, wo eine Frau - vermutlich Rosa - Menus für zehn Leute einfach so kocht. Es ist lecker und Rosa ist ausgesprochen schnell.
Neben Haien kann man auf den zwei Maisinseln aber auch noch andere Dinge sehen: zum Beispiel Affen. Die sind hier angeleint, was nicht sonderlich menschlich ist, aber dafür positionierte man sie an den schönsten Aussichtspunkten. Trotz allem sollte man ihnen nicht zu nahe kommen, was eine Amerikanerin allerdings nicht versteht.
Wir beobachten das Geschehen, als wir uns zu Weihnachten eine Pizza gönnen und bevor irgendetwas passiert, sagt Tim: Ich würde da ja nicht hingehen. Die beißen.
Besser, er hätte das ihr gesagt und nicht uns. Denn nach ein paar Kuscheleinheiten vom Affen, will die Amerikanerin wieder gehen. Das will der Affe nicht.
Und so fängt er an, sie zu attackieren und schließlich beißt er sie ins Bein.
Ihre Freundin kreischt: aaah, aaah, you're bleeding, you're bleeding.
Die Amerikanerin nimmt es gelassen und am nächsten Tag sehe ich sie am Strand entlang reiten. Sie mag wohl Tiere. Und ist hoffentlich gegen Tollwut geimpft.
Was es heißt, zu gehen
Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.
Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.
Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.
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