Freitag, 8. Januar 2010

Pura vida: ... und wir sind echte Glueckspilze

Denn als wir die Finca Chapulin erreichen, sind wir gar nicht mehr traurig, koennen wir unser Glueck kaum glauben: Pferde, ein Pool, Papageien, Badezimmer, eine tiptopeingerichtete Kueche, eine Veranda ... und tausend deutsche Buecher.
Fuer die naechsten Tage quartieren wir uns hier ein, wofuer wir uns nochmal bei den padrones bedanken muessen!
Jeden Morgen gibt es ausladende Fruehstuecke, man koennte denken, wir haetten Tage nichts gegessen: Ruehrei, Pfannekuchen, Muesli, Broetchen, etc. Wir backen Kuchen, versuchen uns an eigenem Brot und liegen faul in der Finca rum.

Abends grillen wir genmeinsam mit Elkin und Carmen, einem Sohn-Mutter-Gespann, das sich um die Finca und um uns kuemmert; Carmen ist eine liebe Frau, die uns am ersten Abend kurz nach unserer Ankunft mit gekochtem Reis beschenkt, ihr Sohn ist ein absoluter Latino: wenn er nicht tanzt, dann singt er, wenn er nicht singt, dann tanzt er, - und sollte der merkwuerdige Fall eintreten, dass nichts von beidem geschieht, ja, dann lacht Elkin ein strahlend weisses Laecheln.

Eines Abends gehen wir gemeinsam weg, in eine Bar namens Equus, was sich auf costaricanisch so etwa wie Eko anhoert. Das Essen ist gut, die Cola ist kalt und die Musik laedt zum Tanzen ein; Elkin und Carlos, der fincaeigene Pferdefluesterer, fordern uns zum Tanzen auf, waehrend der Rest sich unterhaelt. Wir treffen Carola, eine Deutsche, die seit einigen Jahren in Costa Rica lebt, und der Austausch mit ihr ist spannend.
Sie stellt sich vor mit: Icke bin Carola. Die naechsten Stunden reden wir ueber Berlin, ueber die Wende, ueber die Amerikaner, ueber San Jose, das alle hier haesslich finden, und irgendwie ist es ein richtig netter Abend.

Der naechste Tag empfaengt uns mit einer Nebelwand. Es ist kalt, wir koennen weder den See, noch die Berge dahinter sehen und ein herbstliches Klima stellt sich ein; genau so die Atmosphaere im Haus und seiner zeitweiligen Bewohner: wir vegetieren vor uns her, lesen Buecher oder Zeitschriften, machen Pudding, hoeren Musik und geniessen unsere Ferien.
Wie der Costaricaner sagt: Pura vida.
Das sagt er aber auch zu allem. Eine Konversation kann hier einzig und allein aus pura vida bestehen: Wie geht es dir? - pura vida. Hat es dir geschmeckt? - pura vida. Was machst du morgen? - pura vida.
Was hoerst du fuer Musik? - pura vida.
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?

1 Kommentar:

  1. Hey, ich besuchte 2000 diese Finca. Damals gehörte sie einem Deutschen namens Gerhard. Kennst Du den Inhaber ? Beste Grüße, Bernd (gene1@freenet.de)

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.