Dienstag, 23. März 2010

Leon: Sonne und Batidos

Was Weimar für die Deutschen ist, ist Leon für die Nicaraguaner; zwar kann Leon nur einen großen Dichter vorweisen - und ein Schiller-Goethe-Denkmal sucht man hier vergebens -, doch dafür gilt Ruben Dario als einer der besten spanischsprachigen Dichter und wurde von Dichterkollegen wie Lorca ins Unermessliche gelobt.
Leon verehrt seinen Lieblingssohn eher unauffällig; Straßen sind nach ihm benannt, ein Denkmal gibt es, genau so ein Museum. Aber Leon ist ruhig, eine Kolonialstadt, die im weiten Schatten des Momotombos sanft schläft; eine Universitätsstadt, mit einer Kathedrale, die den Stolz des ganzen Volkes repräsentiert, trotz allem ist Leon nicht ganz so touristisch wie Granada.

Als wir in Leon ankommen, brennt die Sonne auf den Asphalt, der Platz vor der Kathedrale liegt in stiller Mittagshitze und unter den spärlichen Bäumen suchen Leute Schatten. Und wir dachten tatsächlich, in Matagalpa sei es heiß.
Bereits in Leon kultivieren wir uns Urlaubsprocedere und feiern den Beginn der Reise mit einem Batido bzw. einem Liquado; einem Mix aus frischen Früchten, mit Milch oder ohne Milch. Sonne und Batiods sind seit unserem ersten Reisetag unsere treuen Begleiter und sie bleiben es bis zum Ende hin, schaffen es vielleicht sogar bis nach Deutschland, wo es jetzt langsam wärmer wird. Der Kern der ehemaligen Kolonialstadt ist klein und wir spazieren durch die Hitze, durch die Straßen mit den bunten Häusern, sehen uns Kirchen und den Markt an, finden ein nettes Hotel mit Patio, reden, schweigen, trinken viel und zum Abend hin sitzen wir wieder vor der Kathedrale Leons, dem ältesten Bauwerk Lateinamerikas. Händler preisen ihre Waren an und wir treffen einen Münzhändler, der uns Scheine schenkt und einen Berg von Münzen andreht. Schließlich sind wir beide zufrieden, essen ein dickes Beef Steak und lassen den Abend nett ausklingen.

1 Kommentar:

  1. Hi Barbara,

    es ist immer wieder schön, von dir zu hören (oder hätte ich besser schreiben sollen "lesen"?).

    Herzliche Grüße aus Bochum,
    Thomas

    P.S.: E-Mails an dich kommen wegen Überfüllung des Postfaches zurück.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.