Donnerstag, 8. April 2010

Spaß am Drucken

Die folgende Woche ohne papito nimmt merkwürdige Züge an; denn bis dato habe ich mich in diesem - mir fremden Land - unglaublich wohl gefühlt. Aber mit einem Male kennt man Matagalpa auch an der Seite seines Vaters, und so wie mir die mamita fehlte, als papito kam, fehlt mir nun papito nach seiner Rückreise. Ich verbringe die anschließenden Tage in einem verwirrten Zustand und einzig und allein die Semana Santa kann mich aus meinem Gefühlschaos retten.
Vorher jedoch beglücke ich Judith und Norma, die mich die ganze Zeit mi cielo (mein Himmel), mi flor (meine Blume), mi amorcito (mein Schätzelein) oder mi corazon (mein Herz) nennt. Was sie sagen will: sie hat mich gern.
Es ist Donnerstag, der letzte Tag vor den einwöchigen Osterferien und eigentlich wundert es überhaupt, dass heute Unterricht statt findet. Ein weiteres Mal schreibe ich Karten nach Deutschland, da holt mich Norma zu sich ins Direktorat. Sie will etwas ausdrucken, aber weiß nicht wie.
Gemeinsam verbringen wir eine halbe Stunde vor dem Drucker und starren ihn teils böse teils verständnislos an, - und ich muss mich an deutsche Abende erinnern, in denen ich genau so verzweifelt vor dem Computer saß und etwas ausdrucken wollte, was nie ausgedruckt wurde. Letztlich half mir der papito, der ist aber schon wieder weg und irgendwie ist das alles ziemlich bescheiden, denke ich mir zumindest, denn da kommt jemand aus Deutschland und soll beim Drucken helfen und dann kriegt ers nicht hin. Ob in Europa oder Zentralamerika: Drucker sind ein Phänomen.
Ich will schon aufgeben, da überrascht das Printmedium mit unvorhergesehener Kooperation: es wird gedruckt; und Judith und Norma sind so glücklich, dass sie beginnen, zu tanzen. Ich gucke mir die beiden an, wie sie da hüpfen und kreischen und letztlich tanzen wir uns in die Ferien.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.