Dienstag, 22. Juni 2010

Haus ueber Bord

Man mag es kaum glauben, aber auch nach 11 Monaten in Nicaragua erleben wir immer wieder Premieren. Das ist auch gut so, kann man da sagen, denn sonst waere es ja auch ganz langweilig. Die letzte Erfahrung allerdings haetten wir uns auch trocken vorstellen koennen.
Denn es ist nun mal gerade so in Nicaragua bzw. Matagalpa, dass wir uns in der Regensaison befinden, quasi der zweiten und letzten Jahreszeit neben dem Sommer hier. Und so faellt eigentlich jeden Tag Regen und manchmal kracht es auch gewaltig, was im Prinzip fuer den Kulturerforschenden keine Neuigkeit und erst recht nichts Beunruhigendes ist; und doch erging es uns am Freitagnachmittag boese bzw. nass.
Nichtsahnend und froehlich sassen wir in der Kueche und unterhielten uns, waehrend ein wahrer Prasselregen auf diese wunderschoene Stadt niederkam. Wir dachten uns nichts dabei und entschieden uns, einen Film zu gucken.
Als wir jedoch in mein Zimmer kamen bzw. davor standen, war es aus mit dem Film: denn irgendwas abgrundtief Boeses hatte sich in unseren Abfluss geschummelt und verstopfte nun das Rohr. Das Wasser, das da aus aller Himmelshoehe auf uns nieder kam, suchte sich also seinen Weg in mein Zimmer, fand es dort ganz schoen und staute sich auf sagenhafte 30 Zentimeter. Ich habe einen kleinen blauen Bettvorleger - er schwamm mir gemuetlich entgegen.
Panisch und so gar nicht serioes riefen wir also erstmal um Hilfe, schrubbten das Wasser mit dem Besen weg und entkorkten den Abfluss. Letztlich ist nicht viel passiert, und doch ist eine unserer Kameras nun waessrig und somit nicht mehr funktionstauglich.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.