Donnerstag, 17. Juni 2010

Lauter Ausserirdische

In vier Wochen sind wir bereits zu Hause. Vier Wochen, Leute! Das geht wahnsinnig schnell und zieht sich hin zugleich; man denkt, jetzt ist es nicht mehr lange, aber dann merkt man, dass ein einziger Tag auch seine 24 Stunden hat. Gut, eigentlich, denn so bleibt uns Zeit, die Zeit zu geniessen, die uns bleibt; und bei jedem Schritt, den wir hier in der Calle Central machen, bei jedem Tag im Projekt geniessen wir mehr, erleben bewusster.
Waehrend es fuer mich vollkommen klar war, dass ich irgendwann wieder zurueck nach Deutschland komme, verstehen meine Schueler das gar nicht. Wie, du gehst zurueck? Wohin gehst du denn? Und waehrend ich ein relativ klares Bild von meiner Zukunft habe, habe ich in der vergangenen Woche gemerkt, dass meine Schueler da ganz anders sind.
Wie sie sich die Zukunft vorstellen, habe ich gefragt und jedem ein Blatt Papier gegeben. Einige Maedchen malen Baeume, Baeche, Fluesse und Ponys, ein Junge malt ein zerstoererisches Superufo, ein anderer einen Nationalpark mit Delfin. David malt ein Fussballfeld und schreibt: mi futuro - nicaragua vs. turquia. Meine Zukunft: Nicaragua vs. Tuerkei. Er denkt realistisch, zumindest realistischer als Christopher.
Der schreibt mir einen Roman mit kleinen Illustrationen und prophezeiht mir folgendes: Die Sterne werden auf uns niederfallen, die Sonne wird sich verdunkeln und ein Regen aus Feuer wird auf die Erde rasen. Es wird einen Kampf zwischen Gut und Boese geben. Einige sagen, dass ein Jesus kommen wird. Wenn das Gute gewinnt, werden wir zum Paradies gelangen; wenn nicht, werden uns Satane regieren und die Erde wird zur Hoelle.
Ich runzle die Stirn und bin mir nicht ganz sicher, was ich sagen soll. Ich hatte nach der Zukunft gefragt, nicht nach dem Ende der Welt, der Apokalypse. Irgendwie gefallen mir die vielen kleinen Aliens viel mehr.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.