Donnerstag, 17. Juni 2010

Los Alemanes del ferro - die eisernen Deutschen

Auch hier hat der Copa mundial begonnen; Freitagmorgen sitzen Tim und ich um sechs Uhr morgens in einer Bar und geniessen das Eroeffnungspaket: Pfannkuchen plus Fruchtsaft fuer 40 Cordoba (1.75) und Eroeffnungsfeier in Johannesburg, Suedafrika. Wir sehen bunte Menschen tanzen, sehen R. Kelly singen und einigen uns sehr schnell darauf, dass er sich musikalisch nicht veraendert hat und uns irgendwie nicht gefaellt. Es wird noch weiter getanzt und dann beginnt das erste Spiel.

Sonntag sind wir wieder in der gleichen Bar und verfolgen das Spiel; als Gag haben wir uns Schwarz (Tim), Rot (Vivi), Gold (ich) angezogen und posen als Flagge, wobei wir uns vertikal verhalten und somit eher Belgien darstellen koennten, doch unser Einsatz wird nicht mehr horizontal.
Das Ergebnis des Spieles stellt uns natuerlich hochzufrieden, aber den wirklichen Effekt bemerke ich erst in der folgenden Woche: denn das 4 : 0 verleiht auch mir ein Gesicht, ploetzlich wissen meine Schueler etwas mit Alemania anzufangen, sie wissen zumindest, dass man dort 4:0-Fussball spielt und da Nicaragua bisher nur einmal mitgemacht hat, haben sie einigen Respekt fuer mich. Sie handeln uns hier schon als Weltmeister, die starken Deutschen, so sagen sie es.
Rosa, eine Professorin, erzaehlt mir heute ganz aufgeregt, dass sie die Deutschen attraktiv findet, diese hombres del ferro, diese Maenner aus Stahl. Profe Pedro verhaelt sich etwas diskreter, er will einzig und allein die Situation vom Sonntag mit mir und seiner Klasse nachspielen, was so viel heisst wie: 6to B gegen mich.
Er findets klasse.

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Was es heißt, zu gehen

Mit knapp zwanzig Jahren Lebenserfahrung habe ich mich entschlossen, ab Sommer 2009 für ganze zwölf Monate nach Nicaragua zu gehen; dass es geklappt hat, hatte ich zwischendurch nicht wirklich gedacht; aber dass ich nun, Anfang Juli, so kurz vor der Ausreise stehe und meine Schulzeit einfach so an mir vorbei gegangen ist - das ist noch weniger zu begreifen. Ich werde natürlich an diesem Zustand nichts ändern können und freue mich tatsächlich wahnsinnig auf die Zeit in Mittelamerika. Bisher haben sich meine Auslandserfahrungen auf den europäischen Raum begrenzt; am 23. Juli geht es jedoch los in ein Land, von dessen Existenz ich zuvor zwar wusste, aber an das ich doch zugegeben wenig gedacht habe - und das ich geographisch als Abiturientin "drüben" eingeordnet habe.

Innerhalb eines Jahres werden sich mein Weltbild, meine geographischen und kulturellen Kenntnissen verschieben, neu ordnen. Ich werde einen Teil der Welt kennen lernen, der von Armut, Korruption, Drogen und der Hoffnung auf Besserung bestimmt wird, - aber genau so von Gastfreundlichkeit, Freude am Leben und an dem wenigen, das man hat.

Ich verlasse meine Heimat, ohne zu wissen, was Heimat eigentlich ist.

Natürlich werde ich wiederkommen - jedenfalls gehe ich stark davon aus -, aber die Entwicklung, die ich in diesem Jahr vollziehen werde, ist jetzt noch gar nicht abzusehen. Es fällt leicht, über all diese Dinge an einem warmen, geheizten Ort (im Winter) zu schreiben, wenn man von all dem umgeben ist, das man zum Leben braucht. Wie es tatsächlich in Nicaragua aussieht, was sich tatsächlich hinter dem Wort Armut verbirgt und was man als Europäer tun kann oder tun muss, werde ich erst in einem Jahr wissen. Dieser Blog ist daher zweierlei: einerseits eine Informationsstation, die allen, die es interessiert oder auch nur zufällig hierher stolpern, Eindrücke meines Lebens in Nicaragua schildern soll; andererseits eine Gedankenkiste, in der ich all das verarbeiten und mitteilen kann, was ich hier erlebe; im Großen und Ganzen ist es dabei auch ein Beitrag meinerseits, um eine Welt, die unglaublich verknüpft ist und die denkbar unvorstellbar von der Technik und dem Fortschritt profitiert, zu ermöglichen, die sich in all der Schnelllebigkeit auch noch gegenseitig versteht und zuhört.